Mein Maskottchen ist der Gefahrgutbeauftrage von LEGO. Er sitzt auf meinem Schreibtisch und wacht darüber, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Den Beginn unserer wunderbaren Freundschaft sehen Sie hier (und über die Schwierigkeiten, zueinander zu finden erfahren Sie hier mehr)

Stühlerücken für RTL 2..

Vorwort: Immer wieder gelangen Nutzer auf diese Seite, die den Sendungsnamen im Zusammenhang mit "Fake" oder "Betrug" gegoogelt haben. Ich versichere: Sollte der Bursche, an dessen medialer Zurschaustellung ich teilhaben musste, ein Schauspieler sein, dann war seine Darstellung Oscar-reif. Gehen sie davon aus: Alles war und ist echt, auch die Haare vom Moderator....

... oder ein Moderator unter Zwangs-Hypnose.

Am Samstag war es soweit. Nein, nicht der royale Wedding-Wahnsinn (wussten Sie übrigens, dass die TV-Eltern von Weltall-Knuddelmonster ALF ebenfalls Kate und Willie hießen? Das aber nur am Rande...)
Sondern die erste Folge der neuen RTL2-Show "Ich weiss, was du letzten Freitag getan hast" wurde im Allzweck-Studio in Berlin-Adlershof aufgezeichnet. Beim Titel war man nicht sehr kreativ, der britische Originaltitel, der sich wiederum an eine drittklassige Teenie-Horror-Trilogie anlehnt, wurde einfach übersetzt.

Und doch waren meine Erwartungen (für RTL2-Verhältnisse) recht hoch, sahen doch die Clips bei youtube , die Ausschnitte des Original-Formats zeigen,  so schräg aus, dass es ein vergnüglicher Abend hätte werden können. KÖNNEN!

Das Prinzip ist schnell erklärt: Ein Kandidat erklärt sich bereit, an einer TV-Show teilzunehmen, in deren Rahmen dieser hypnotisiert werden soll. Hat er dies beim Casting unterschrieben, beginnt auch schon die Show, ohne dass er allerdings davon etwas mitbekommt. Er wird hypnotisiert, muss in diesem Zustand mehr oder weniger peinliche Dinge vollbringen, erwacht später wieder im Studio, und muss, um mit 4 anwesenden Freunden einen gemeinsamen Urlaub gewinnen zu können, insgesamt 5 mehr oder weniger unangenehme Einspielfilmchen tapfer bis zum Ende dem Publikum präsentieren. Wohlgemerkt, er kann sich an NICHTS erinnern.

Aber der Reihe nach.
Der Abend begann mit großem Stühlerücken im halbrunden Allzweck-Studio, statt der erwartetenhofften 300 Zuschauer kamen nur etwa die Häfte (die Ausrede, dass die fehlende Hälfte wohl noch im Stau stände, erscheint angesichts rührender Bitt-Mails noch am Nachmittag der Aufzeichnung, man möge doch bitte bitte auch Freunde/Bekannte/Nachbarn mit ins Studio bringen, etwas geflunkert...) Also mussten 170 Zuschauer so verteilt werden, dass der Eindruck eines gutgefüllten Studios entstehen konnte.

Als Modertor fungierte ausnahmsweise mal nicht die mittlerweile wohl schmerzfreie Sonja Zietlow, die auch 3stündige Fremdschäm-Attacken wie "Sing! Wenn du kannst" ohne erkennbare persönliche Betroffenheit wegmoderiert, sondern, man höre und staune: Jörg Dräger.
Nach jahrelanger (unfreiwilliger?) TV-Abstinenz bekam der Zonk-Onkel (Zitat von ihm aus dem Warm-Up: "Ich war ja die letzten 6 Jahre selber hypnotisiert auf´m Westfriedhof") auf seine alten Tage (Jahrgang 45) noch mal eine Chance. Dass dies keine gute Wahl war wurde wohl jedem im Studio sehr schnell und unangenehm klar. Offensichtlich extrem nervös hangelte er sich von Versprecher über Ausrutscher bis zu atemlosen (Kunst?)-Pausen durch die Aufzeichnung.

Es begann spektakulär: Der Kandidat und damit Hauptdarsteller des ganzen Abends, ein etwas burschikoser Fitnesstrainer, wurde im Zustand tiefster Hypnose auf einem Bett liegend ins Studio gerollt. Der Hypnotiseur, der ansonsten seine Fähigkeiten eher zu Therapie- als zu Show-Zwecken einsetzt, war ebenfalls anwesend, und um die Tiefe seiner Trance zu beweisen rüttelte und schüttelte Dräger ihn derart heftig, dass dieser erstmal aus dem Bett fiel. Das Publikum erstarrte, sich fremdschämend und peinlichst berührt.


Nun wurde der Kandidat geweckt, durch ein ihm vorab mental implantiertes Klingel-Signal, und dieser Moment war dann wirklich ziemlich irritierend: Er schaute sich kurz verwundert um, entdeckte dann Dräger in seinem (vermeintlich seinem, denn er wähnte sich zu Hause) Bett und benötigte offensichtlich länger als geplant, um sich aus dem Zustand seiner Hypnose zu befreien.
Dräger fand das alles wahnsinnig witzig, und machte dem Kandidaten immer wieder klar, dass er jetzt in einer Show sei, in der sich alles nur um ihn dreht. Das Letzte, an was sich der erinnern konnte, war, dass er bei einem Casting in Köln gewesen war und dort zugestimmt hatte, dass man ihn für eine Show hypnotisieren dürfe. Und nun, für ihn vom Gefühl her gewissermaßen nahtlos anschließend, befindet er sich an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit, vor Kameras, Publikum und Scheinwerfern, und der Dräger haut ihm immer wieder auf die Schulter und sagt "Ich weiss, was du letzten Freitag getan hast".
SO stelle ich mir meinen persönlichen Alptraum vor!

Es stellte sich dann als schwierig heraus, dem Kandidaten das Spiel-Prinzip zu erklären, denn der weigerte sich einfach erstmal standhaft, einzusehen, dass er überhaupt hypnotisierbar wäre. Also mussten Beweise her, und ihm wurden die ersten Einspielfilme gezeigt, noch sehr harmlos (ihn hatten in seinem Fitness-Studio auf einmal die Kräfte verlassen, selbst eine Wasserflasche war ihm zu schwer).
Der Kandidat war fassungslos. Konnte nicht glauben, was er sah. Konnte sich an nichts erinnern und war erkennbar irritiert.

Das Publikum war ebenfalls irritiert, denn die Filme waren weder sehr lustig noch peinlich, sondern man fühlte eher mit dem mittlerweile fast nervenden Kandidaten, der Dräger immer wieder in lange Diskussionen verstrickte über die (Un)-Möglichkeiten der Hypnose. Schon der zweite Einspielfilm wurde von ihm durch seinen Stopp-Button unterbrochen (und damit eine Gewinnchance für eines der Urlaubs-Tickets für seine "Freunde" gefährdet) und Dräger musste ihn wortreich und umständlich zum Weitermachen überreden. Es sollte nicht die letzte "Einmischung" des Kandidaten in den Spielablauf bleiben.

Die nächsten Filme waren, nun ja, ein bisschen "spaßiger": Dem Kandidaten wurde suggeriert, er würde einen Fallschirmsprung machen, sass aber in Wahrheit mit Kinderrucksack und Regenschirmchen auf einem aus Bierzeltbänken gebastelten "Flugzeug" in 50cm Höhe. Das Publikum kicherte dezent, doch die nicht abnehmende komplette Fassungslosigkeit des bedauernswerten Hauptdarstellers minderte bei allen Beteiligten die Bereitschaft, das ganze als Spaß abzutun. Mehrfach musste die Aufzeichnung unterbrochen werden, sei es weil der Kandidat an sich und den TV-Abgründen, die sich auftaten, verzweifelte, oder der Moderator inständig hoffte, dass eine Besinnungspause nebst Aufmunterungsapplaus der Show und dem Kandidaten wieder den nötigen Drive geben könnte.

Nach jedem tapfer überstandenen Einspielfilm konnte der Kandidat einen seiner vier anwesenden Freunde eine Option auf ein Urlaubs-Ticket verschaffen, die jeweilige Auswahl zog sich quälend-ermüdend in die Länge, aber dies war ganz offensichtlich dem Zustand des nach wie vor augenscheinlich komplett verwirrten Kandidaten geschuldet.

Immer wieder musste Dräger langatmig erklären, dass man nicht ÜBER den Kandidaten lache, oh nein, sondern MIT ihm. Nur dass der Kandidat nie lachte, sondern immer wieder nur den Kopf schüttelte.

Der alles entscheidende 5. Film MUSSTE komplett bis zum bitteren Ende durchgestanden werden, ansonsten wären alle bis dahin erspielten Tickets perdu, und was gibt es wohl Lustigeres im Privat-Trash-TV als heterosexuelle Fitnesstrainer in grottiger "Psycho"-Mutter-Gedächtnis-Perücke bei der Maniküre, bei der Desouss-Auswahl oder beim Flanieren in seinem kleinen Heimatort, selbstverständlich im Trümmertunten-Outfit.

Dem Publikum war mittlerweile fast alles egal, eifrig wurde jede Aufzeichnungspausepanne genutzt, um fluchtartig das Studio zu verlassen, plötzlich war die Show vorbei, der Kandidat hatte gewonnen, er und seine Freunde durften mit einem Billig-Anbieter für 10 Tage nach Florida zur Power-Lifting-WM und Dräger war ersichtlich erleichtert, dass alles vorbei war.
Das Publikum auch.
Der Kandidat sowieso.

Die Idee zur Show ist vielleicht gar nicht mal sooo schlecht, die Filmchen allerdings belanglos bis blöd, und der Moderator dermaßen offensichtlich grandios mit dieser Aufgabe überfordert, dass, wenn man es genau besieht, eigentlich kaum sendefähiges Material an diesem denkwürdigen Abend in Berlin zustande gekommen ist.

Ach ja: Geplanter Sendetermin irgendwann in diesem Sommer....

UPDATE:
Sendetermine ab Montag, 18. Juli: 3 Folgen jeweils Montags um 20:15
Die von mir erlittene Folge wird als 2. am Montag, 25. Juli ausgestrahlt 


Weiterlesen: Kritik auf SpON zur ersten Sendung
Homepage zur Sendung auf RTL2

UPDATE 2:
Gestern abend lief nun die von mir erlebt/erlittene Folge im TV, und es war erstaunlich, zu sehen, wie die 2stündige Tortur im Studio auf geschätzte 20 Minuten Moderation zusammengeschnitten wurde (der Rest waren dann Einspielfilmchen und Werbung). Ich versichere gerne, dass ALLES oben erwähnte sich so zugetragen hat und bedaure zutiefst, dass RTL2 die Higlights nicht senden wollte/konnte. 

 Auf dem Screenshot sieht man deutlich das Fußende des Bettgestells, das der arme Kandidat panisch herausgetreten hatte, nachdem Dräger so sehr an ihm herum gerüttelt hatte, dass er anschliessend aus dem Bett fiel.... War natürlich NICHT im TV zu sehen....





UPDATE 3: Die Quoten-Quittung (ui, schöne Alliteration!) gab´s prompt, knapp eine Mio und 5,2% schalteten immerhin nicht ab.


PS: Und wer denkt "schlimmer geht´s nimmer", dem seien die aktuellen Quoten vom 1. August ans Herz gelegt... Ganz ganz bitter!
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