Mein Maskottchen ist der Gefahrgutbeauftrage von LEGO. Er sitzt auf meinem Schreibtisch und wacht darüber, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Den Beginn unserer wunderbaren Freundschaft sehen Sie hier (und über die Schwierigkeiten, zueinander zu finden erfahren Sie hier mehr)

Sonntag, 29. April 2012

Drama, Baby, Drama!




Vorgestern jährte sich der schreckliche Amoklauf an dem Gutenberg-Gymnasium in Erfurt zum 10. Mal. Für das unsägliche Boulevard-Magazin "hallo Deutschland" im ZDF Grund genug, an die Tragödie zu erinnern. Naja, was heißt "erinnern", es mussten schon die Emotionen ein bisschen wieder angeheizt werden. Wie kann man das besser machen als mit vielen bunten bewegten Bildern von fassungslosen Schülern, Eltern und Lehrern, von besorgten Ärzten und engagierten Polizisten? Warum nicht einfach noch mal die Bilder zeigen, die bis heute nichts von ihrer aufwühlenden Wirkung verloren haben? Die Schülerin, die sich in der Klasse eingeschlossen hat und ein Schild mit "Hilfe" ans Fenster hält, weinende Mädchen, die auf dem Boden kauern, ein erschossener Polizist, rennende Notärzte... Sämtliche Screenshots in diesem Text wurden von mir bearbeitet, sie sollen verdeutlichen, in welchem Maße man den "Opferschutz" ernst genommen hat.



Spätestens nach dem Amoklauf an der Schule in Winnenden vor etwas über drei Jahren wurde und wird diskutiert, in welcher Form Medien über solche Geschehnisse berichten sollen, müssen und dürfen. Oberstes Ziel des Presse-Kodex: Die Opfer schützen und Nachahmer auf keinen Fall animieren. Dazu zählt auch, dem Täter kein Gesicht, kein Motiv, keinen Namen zu geben. Dies hat man im Machwerk auf "hallo Deutschland" vorbildlich gelöst und klopft sich dafür selber auf die Schulter. Transkript aus dem Beitrag:

Off-Sprecherin: "Es war ein Racheakt, der Showdown eines verirrten jungen Mannes, dessen Name besser nicht mehr genannt werden sollte". 
Zwei Punkte sind absolut geschmacklos: Es war KEIN Showdown. Ein Showdown ist laut Duden eine "mit dem Untergang, der Vernichtung, der endgültigen Niederlage eines der Kontrahenten (!) endende dramatische, entscheidende Konfrontation, Kraftprobe". Einen unpassenderen Begriff für den Amoklauf hätte man kaum wählen können.
"Dessen Name besser nicht mehr genannt werden sollte": Erinnert an "Er, dessen Name nicht genannt werden darf" aus einer erfolgreichen Buch- und Filmreihe über einen Zauberschüler? Stimmt, aber wenn man es extra betont und hervorhebt geht die Wirkung in eine andere Richtung. Das Betonen dessen, was man vermeidet, betont das Vermeidete und hebt es extra hervor. Im Beitrag geht man noch einen Schritt weiter und lässt diese freiwillige Selbstbeschränkung von einem Experten lobend kommentieren (Transkript):
"Diese Jugendlichen haben ja immer so etwas sehr desperates und wollen in die Öffentlichkeit. Und schon wenn der Name genannt wird ist das, kann das schon wieder eine Reklame sein oder ein Anreiz sein für andere Jugendliche, auch so etwas zu machen. Dann komm ich groß in die Medien, mein Name wird genannt..."
Um das Ganze noch ein bisschen dramatischer bebildern zu können nimmt man nachgestellte Szenen mit SEK-Beamten, die eine Pausenhalle stürmen, im Hintergrund liegt eine leblose Person.





Wir sagen: Das ist absolut obsolet!








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